Tipps für das häusliche Üben mit dem Kind

Bevor Sie mit dem Üben beginnen, müssen Sie sich unbedingt bewusst machen, dass es für Sie als Mutter oder Vater des Kindes viel schwieriger ist trotz mühsamer Fortschritte (oder auch mal Rückfälle) gelassen zu bleiben, als für eine neutrale Person. Sie hoffen am allermeisten mit dem Kind, bangen vor Klassenarbeiten und leiden bei Misserfolgen mit. Ein Außenstehender wird nicht so schnell der Verzweiflung nahe sein, da er nicht im gleichen Maße mitfiebert.
Es ist nicht immer einfach, ruhig und freundlich zu bleiben, wenn das Kind immer wieder dieselben Fehler macht. Denken Sie daran, dass es dies niemals absichtlich tut, sondern Hilfe braucht. Machen Sie sich selbst aber auch keine Vorwürfe, wenn Sie es nicht immer schaffen, geduldig zu bleiben. Überlegen Sie dann, ob es eventuell sinnvoll und machbar ist, eine Zeit lang eine andere Person mit dem Kind lernen zu lassen.

Geben Sie Ihrem Kind das Gefühl, trotz seiner „Schwäche“ von ihnen anerkannt und geliebt zu werden. Die wichtigste Voraussetzung für erfolgreiches Lernen ist es, Freude dabei zu haben. Beim Lernen, Denken und Behalten spielen die Motivation und die Gefühle eines Menschen eine entscheidende Rolle. Eine angespannte Atmosphäre, Ungeduld, Genervtheit vom Mitübenden oder womöglich Angst vor Vorwürfen oder Schimpfen, können sehr leicht zu Denkblockaden führen. Diese psychologische Hemmung sollte nicht unterschätzt werden!
Ihr Kind sollte das Gefühl haben, dass es zu jeder Zeit, egal mit welcher Note, zu Ihnen kommen kann.

Wenn es selbst den Wunsch hat, seine Leistungen zu verbessern, wird das gemeinsame Üben auch zu Fortschritten führen. Am sinnvollsten ist es, gemeinsam mit dem Kind zu überlegen, wie viel Zeit zum Üben aufgebracht werden kann. Wenn es sich zum Beispiel bereit erklärt, täglich 10 Minuten zusätzlich zu den Schularbeiten zu lernen, wird es auch gewillt sein, sich an den Übungsplan zu halten. Weitaus geringer wäre die Motivation natürlich, wenn Sie bestimmen würden, dass täglich geübt werden muss, weil Sie wollen, dass die Leistungen besser werden. Erfolgversprechend ist es, regelmäßig zu üben, beispielsweise jeden Montag bis Samstag.
Dabei sollte die Übungszeit nicht zu lange sein, da dies schnell zu Verdruss führen könnte. Lieber kurz, aber dafür ganz regelmäßig.
Wichtig ist auch, dass Sie die ausgemachte Zeit nicht überziehen, auch wenn es mit dem Üben mal besonders gut läuft. Vielleicht denkt das Kind sonst, die Zeit wird jedes Mal ausgedehnt, wenn es sich sehr anstrengt. Dagegen wird es, wenn es merkt, wie schnell die Übungszeit vorüber war, umso lieber am nächsten Tag weitermachen, da es ja gar nicht schlimm war.

Kinder mit einer Lese- Rechtschreibschwäche oder Dyskalkulie sind sehr stark auf Lob angewiesen. Schließlich müssen sie sich viel mehr als andere abmühen, um zu einem guten Ergebnis zu kommen, und viel häufiger müssen sie mit Misserfolgen fertig werden.
Daher loben Sie bitte jeden kleinen Fortschritt, den ihr Kind macht!!! Wenn es zum Beispiel heute von zehn Übungswörtern nur fünf, anstatt wie am Vortag sechs falsch schreibt, ist dies auf jeden Fall ein Lob wert.
Legasthene und dyskalkule Kinder sind nicht dumm, sie brauchen einfach mehr Zeit und spezielle Übungsmethoden um zum selben Ziel wie Kinder ohne diese Schwäche zu gelangen.

Es ist wichtig, gezielt an den individuellen Rechtschreibfehlern zu üben und die gelernten Wörter oft genug zu wiederholen. Dabei ist ein Karteikasten eine gute Hilfe. Das Kind schreibt eines seiner Problemwörter groß und deutlich auf ein Kärtchen und steckt es ins erste Fach. Anschließend versucht es, das Wort auswendig zu schreiben. Ist es richtig, kommt die Karte in das zweite Fach, ansonsten zurück ins erste Fach. Am nächsten Tag kommt wieder ein neues Wort ins erste Fach (höchstens 10 Wörter pro Tag!), mit dem ebenso verfahren wird. Wörter aus dem zweiten Fach werden nochmals geschrieben und kommen ins dritte Fach, wenn sie gekonnt werden, ansonsten zurück ins erste. Die Wörter des dritten Faches werden wieder so nach drei Tagen bearbeitet (viertes oder erstes Fach). Nach einer Woche werden die Wörter des vierten Faches wiederholt, nach einem Monat die des fünften. Wenn sie jetzt noch richtig geschrieben werden, sind sie im Langzeitgedächtnis.
Wenn ein Kind ein Wort immer wieder falsch schreibt, knetet es die Buchstaben (oder formt sie aus anderem Material), so dass es sie aufstellen und von allen Seiten betrachten kann. Das Wort kann mehrmals zerlegt und wieder aufgebaut werden. Dann denkt es sich Sätze mit dem Wort aus, und zusammen werden noch andere Wörter der Wortfamilie besprochen. Es ist hilfreich, wenn das Kind das Wort von seiner und zusätzlich danach von einer anderen Stimme hört. Anschließend wird das Kärtchen verdeckt und die Knete weggeräumt. Erst danach versucht das Kind, das Wort auswendig zu schreiben und steckt die Karte ins entsprechende Fach.

Für Kinder mit Aufmerksamkeitsproblemen ist es ausgesprochen wichtig, dass eine spezielle Umgebung geschaffen wird, damit das Lernen erfolgreich ablaufen kann:
Der Arbeitsplatz des Kindes muss so wenig wie möglich Ablenkung bieten. Das heißt, der Schreibtisch sollte möglichst mit Blick zu einer Wand, nicht aus dem Fenster oder in den Raum stehen. Auch muss er unbedingt aufgeräumt sein. Nur was wirklich zum Lernen gebraucht wird, liegt griffbereit. Bitte helfen Sie Ihrem Kind, Ordnung zu halten. Es ist ein spezielles Persönlichkeitsmerkmal vieler Legastheniker, dass sie ihre „eigene Ordnung“ haben. Dies ist keine böse Absicht, erfordert von den Eltern eines solchen Kindes aber viel Geduld und Hilfe.
Der Arbeitsplatz muss auch hell genug sein. Die Lichtquelle sollte bei Rechtshändern von links, bei Linkshändern von rechts kommen, damit keine Schatten die Sicht erschweren.
Die mühsam erreichte Aufmerksamkeit kann durch plötzlich auftretende Geräusche wie Telefonklingeln, Geräusche aus der Küche oder von Geschwisterkindern zum Teil empfindlich gestört werden. Soweit möglich, sollten solche Geräuschquellen für die Zeit des Lernens vom Kind abgehalten werden. Allerdings helfen interessanterweise gleichbleibende Geräuschkulissen wie leise Musik manchen Legasthenikern zu besserem Arbeiten. Hier muss man genau beobachten, welche Bedingungen optimal sind.