LRS-Erlass für Schulen in Baden-Württemberg
Wenn erst einmal erkannt wurde, wo die Fehlerquellen und Ursachen liegen und gezielt geübt wird, macht in der Regel jeder LRS-Betroffene Fortschritte. Dennoch zeigen sich nicht immer gleich Verbesserungen in den Noten. So bedeutet es natürlich einen enormen Frust für denjenigen, der zusätzlich zu den Hausaufgaben viel übt und dann trotzdem unter den Klassenarbeiten immer noch Fünfen und Sechsen stehen hat. Auch wenn ein Schüler im Diktat nicht mehr 45, sondern nur noch 19 Fehler produziert, bekommt er eben noch immer eine erschreckende Note dafür. Für solche Fälle sieht unser Schulgesetz Ausnahmeregelungen vor.
Die schulischen Bestimmungen sind in jedem Bundesland in einem eigenen Erlass geregelt.
In Baden-Württemberg gibt es seit 2008 die Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums Kinder und Jugendliche mit Behinderungen und besonderem Förderbedarf:
http://www.legasthenieverband.com/legasthen/dvld/erlaesse/Baden-Wuertemberg.pdf
Hinsichtlich der Notengebung gilt das Folgende: Die Leistung unterliegt dem Dienst der Chancengleichheit. Dies bedeutet nicht in jedem Fall, bei allen Menschen die gleichen Handlungsmuster anzulegen. In besonders begründeten Ausnahmefällen kann es auch rechtlich geboten sein, Nachteile von Schülern mit besonderem Förderbedarf auszugleichen.
Der sogenannte Nachteilsausgleich bezieht sich auf Hilfen, mit denen die Schüler in die Lage versetzt werden, dem Anforderungsprofil zu entsprechen. Die Art und Weise solcher Hilfen hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Solche nur auf einzelne Schüler bezogene Maßnahmen können eine Anpassung der Arbeitszeit oder die Nutzung von besonderen technischen oder didaktisch-methodischen Hilfen sein.
Zum Beispiel könnte es bedeuten, dass ein leseschwacher Schüler, der zum Lesen der Aufgabenstellungen oder zur Erledigung schriftlicher Aufgaben einfach mehr Zeit braucht, für schriftliche Arbeiten einen Zeitzuschlag bekommt. Oder ein Schüler dürfte Hilfsmittel wie ein Laptop (ohne Rechtschreibkorrektur) verwenden oder er bekäme eine andere Aufgabe als der Rest der Klasse, die seinen Leistungsfortschritt besser dokumentiert. Auch wäre es möglich, den Gewichtungsschlüssel der schriftlichen, mündlichen und praktischen Leistungen im Fach Deutsch im Einzelfall anzupassen. Entsprechendes kann auch für die Fremdsprachen angewendet werden.
In beruflichen Schulen sind solche Maßnahmen nur möglich, soweit sie mit den jeweiligen spezifischen Ausbildungszielen vereinbar sind. Strebt jemand also zum Beispiel an, Sekretärin zu werden, kann man natürlich nicht so großzügig sein, wie wenn es darum geht, Maurer oder Frisörin zu werden.
Notenschutz bedeutet, dass von der üblichen Bewertung abgewichen wird. Wenn die Leistungen im Lesen oder Schreiben etwa ein halbes Jahr lang geringer als mit Note ausreichend bewertet wurden, so kann die Rechtschreibleistung oder das Lesen zurückhaltend gewichtet werden. Beide Bereiche dürfen jedoch nicht ganz unbewertet bleiben, da sie bei uns wichtige Kulturgüter darstellen. Der Lehrer kann aber mündliche Leistungen und Aufsätze stärker einrechnen. In anderen Fächern als Deutsch wird die Rechtschreibung nicht gewertet, wenn Notenschutz besteht. Nur bei schwerer Legasthenie kann der Notenschutz auch über Klasse 6 hinaus gewährt werden.
Ob ein Nachteilsausgleich oder sogar Notenschutz gewährt wird, entscheidet die Klassenkonferenz unter Vorsitz des Schulleiters. Dabei können außerschulische Gutachten und Stellungnahmen einbezogen werden.
Die Vorschriften gestehen den Lehrern bewusst einen pädagogischen Ermessensspielraum zu, weil nicht bei jedem lese-/rechtschreibschwachen Schüler die gleiche Maßnahme sinnvoll ist. Für den einen kann es zum Beispiel eine riesige Entlastung bedeuten, wenn er vorerst in der Rechtschreibung nur zurückhaltend gewichtet wird, ein anderer würde durch diese Regelung vielleicht zu dem Schluss kommen, dass er nun nicht mehr zusätzlich üben muss, weil seine Fehler ja sowieso nicht zählen. Hier muss sehr genau abgewogen werden, welches Vorgehen am erfolgversprechendsten ist. Natürlich sind Lehrer an die bestehenden Erlasse der Schulbehörde und die Entscheidungen der Klassenkonferenz gebunden.
Die LRS-Erlasse der anderen Bundesländer:
Bayern
Berlin
Brandenburg
Bremen
Hamburg
Hessen
Meckl.Vorpommern 1
Meckl.Vorpommern 2
Niedersachsen
Nordrhein Westfalen
Rheinland-Pfalz
Saarland
Sachsen 1
Sachsen 2
Sachsen-Anhalt
Schleswig Holstein
Thüringen