Eine Legasthenie kann erst dann sicher festgestellt werden, wenn das Kind bereits in der Schule ist, da erst dann der Beurteilungsbereich der Symptomatik vorhanden ist. Allerdings gibt es bereits im Vorschulalter Verdachtsmomente. Durch einfache Testverfahren ist es möglich, bei Vorschulkindern Defizite in den Sinneswahrnehmungen der Optik, Akustik und Raumorientierung festzustellen. Diese sind dafür verantwortlich, dass das Erlernen des Schreibens, des Lesens und des Rechnens ohne Schwierigkeiten vonstatten geht. Besonders Einschränkungen in der Lautwahrnehmung können zu Problemen führen. So weiß man heute, dass die Fähigkeit zur Lautanalyse und -synthese und zum Lautgedächtnis sehr wichtige Voraussetzungen zum Schriftspracherwerb darstellen (phonologische Bewusstheit).
Wenn mehrere der unten aufgeführten Anzeichen beim Kind im Vorschulalter zu verzeichnen sind, liegt der Verdacht auf eine Legasthenie nahe. Ein Anzeichen allein reicht natürlich nicht aus, und auch wenn mehrere Punkte zutreffen, muss das Kind selbstverständlich getestet werden, um eine Diagnose stellen zu können. Nicht alle Kinder, die im Vorschulalter einige der unten aufgeführten Anzeichen zeigen, leiden später an einer Legasthenie! Durch gezielte Übungen im Vorschulalter kann aber häufig verhindert werden, dass später eine ausgeprägte Legasthenie auftritt.
- Das Kind erlernt etwas später das deutliche Sprechen; es vermischt oder verwechselt gewisse Phrasen oder ähnliche Wörter; es findet Ersatzwörter oder verwendet Bezeichnungen falsch; es kann sich bestimmte Wörter für gewisse Objekte nicht merken. Später hat es eventuell Probleme mit Reimen.
- Das Kind hat die Krabbelphase ausgelassen oder wenig ausgelebt.
- Auch in Vorgenerationen ist Legasthenie aufgetreten.
- Das Kind ist oft ungeschickt, stolpert, stößt sich oder fällt oft hin.
- Das Kind hat auffallend gute und schlechte Tage.
- Man sieht an den Handlungsweisen, dass es schneller denkt als handelt.
- Es verwechselt Wörter für Richtungen (hinauf-hinunter, innen-außen etc.)
- Es genießt es, wenn man ihm vorliest, zeigt aber kein Interesse an Buchstaben.
- Es zeigt hohe Geschicklichkeit mit technischem Spielzeug oder bei konstruktiven Tätigkeiten.
- Es zeigt erhöhte Kreativität.
- Es erscheint als besonders intelligent und begabt, hat eine hohe Auffassungsgabe.
Mögliche Anzeichen für eine Legasthenie im Schulalter
Wenn mehrere der unten aufgeführten Anzeichen beim Kind im Schulalter zu verzeichnen sind, liegt der Verdacht auf eine Legasthenie nahe. Ein Anzeichen allein reicht natürlich auch hier nicht aus. Auch wenn mehrere Punkte zutreffen, muss eine genaue Anamnese erstellt werden und die Aufmerksamkeit beim Lesen oder Schreiben und die Sinneswahrnehmungen überprüft werden, um eine Diagnose stellen zu können.
- leicht ablenkbar beim Lesen oder Schreiben; hört und sieht alles, kann Unwichtiges von Wichtigem nicht immer unterscheiden, abwesend, tagträumend
- auffällige oder verkrampfte Körperhaltung, unleserliches Schriftbild
- verzögertes Merkvermögen bei Buchstaben und Wörtern, eventuell auch Zahlen
- reibt die Augen, blinzelt, äußert Sehprobleme beim Lesen und Schreiben
- scheinbare Hörprobleme/ versteht schlecht
- verwaschene Sprache, sprachliche Mängel
- herabgesetzte Körperkoordination
- mangelnde Raum- und/oder Zeitkoordination, mag die Uhrzeit nicht lernen
- wird mit der Aufgabe nicht fertig, trödelt, geht Anforderungen aus dem Weg
- geringes Selbstwertgefühl, fühlt sich minderwertig
- in sich zurückgezogen, entmutigt oder reagiert aggressiv, unkontrolliert, fahrig, schwätzt, zeigt allgemeine verbale Unruhe, überaktiv, hat vermehrten Bewegungsdrang
- in Alltagssituationen auffällig wach und interessiert, in Spielsituationen völlig mit den Gedanken dabei
Schon zu Beginn der Schulzeit fällt auf:
- Fehlende Speicherkapazität von zwei bis drei nacheinander angebotenen großen Druckbuchstaben
- Schwierigkeiten im lautverbindenden Lesen von zwei Buchstaben
- Verkürzte Speicherdauer im Kurzzeitgedächtnis von Buchstaben oder sehr kurzen Worten